Es gibt keine echten Helden mehr

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Ich vermisse die Zeit, als ich in Filmen oder Serien noch für eine Figur oder eine Gruppe von Charakteren Partei ergreifen konnte. In der Regel war es die Hauptfigur oder die Fraktion der «Guten». Dann und wann empfand ich auch Sympathie für den Antihelden – manchmal sogar mehr, als für den eigentlichen Protagonisten.

Der Held, oder eben die Hauptfigur, ist nicht nur deshalb heldenhaft, weil er oder sie viel Tapferes tut oder übermenschliches leistet. Sehr wichtig ist auch, ob ich als Zuschauer mit der Figur mitfühle, ihre Ängste und Sorgen teile. Früher war mir das nicht so bewusst. Heute umso mehr.

Das liegt allerdings nicht an altersbedingt hinzugewonnener Weisheit. Viel mehr liegt es daran, dass in neuen Produktionen diese Sympathie, diese Identifikation mit der Hauptfigur, nicht mehr vorhanden ist. Als ich das erkannt habe, merkte ich erst, was ich vermisse.

Das erste Mal wurde mir diese fehlende Sympathie zu den Protagonisten bei der Netflix-Serie «Ozark» bewusst. Keine von den vorkommenden Charakteren war mir sympathisch. Mit niemandem konnte und wollte ich mitfühlen. Ich mochte niemanden. Nein, ich hasste sie. Allesamt. Das war neu für mich.

Während bei «Ozark» eine ganze Horde an Figuren vorkamen, ist es bei dünner besetzten Produktionen noch blöder, wenn man keinen Sympathieträger findet. So geschehen zum Beispiel bei «Ad Astra». Der Streifen ist unglaublich zähflüssig und die Hauptfigur, leidenschaftslos dargestellt von Brad Pitt, ödete mich schon nach der ersten Szene an. Der Held, ich erinnere mich noch nicht mal mehr an ihren Namen, war mir egal. Völlig egal. Ein langweiliger Film zusammen mit einer Hauptfigur, die weder positiv noch negativ interessiert, hat verloren.

Das Problem mit der fehlenden Sympathie funktioniert auch bei Fortsetzungen. Kürzlich sah ich «Bad Boys for Life», der dritte und zum Glück letzte Teil der Bad Boys-Reihe mit Will Smith und Martin Lawrence. Die ersten beiden Teile mochte ich. Viel Action, heftige Stunts, schöne Frauen und coole Sprüche. Ich stand auf der Seite von Mike Lowrey und Marcus Burnett. Nicht so in der neusten Ausgabe. Was Burnett sagte, tat oder tun wollte, war mir völlig egal. Die grottenschlechte Darstellung von Martin Lawrence unterstützte meine Gleichgültigkeit seiner Figur gegenüber noch zusätzlich. Und Mike Lowrey … ja, was war mit Mike? Keine Ahnung, auch er ging mir weit am Arsch vorbei.

Während ich diesen Schrieb hier tippe, läuft «Underwater – Es ist erwacht» mit Kristen Steward und Vincent Cassel. Dieser Film ist der Grund für diesen Post. Auch in diesem Film gibt es keinen einzigen Charakter, den ich mag oder auf dessen Seite ich stehe. Die zwei und noch ein paar andere befinden sich in einer Tiefsee-Forschungsstation unter Wasser. Plötzlich geht alles kaputt und sie versuchen, sich zu retten. Mir aber ist völlig egal, was mit ihnen passiert. Es interessiert mich nicht. Ich konnte mit keiner Figur eine emotionale Bindung aufbauen.

Warum ist das so? Ist es Absicht der Autoren? Und wenn ja, warum? Oder muss das heute einfach so sein? Ich weiss es nicht. Aber ich weiss, dass so geschriebene Filme, völlig unerheblich, wie toll sie produziert wurden, bei mir allesamt durchfallen.

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