Es ist eine gesellschaftliche Konvention, dass man jedes Jahr sein eigenes Wiegenfest zu feiern hat. Dieses ungeschriebene Abkommen ist so stark, dass die Zelebrierung dieses Tages sogar so wichtig scheint, dass man den Betroffenen sogar dazu zwingen kann, selbst dann, wenn Geburtstage für die vor exakt n Jahren in die Welt gesetzte Person keinerlei Bedeutung haben. Der Tag der Geburt hat für den Geborenen gefälligst sein ganzes restliches Leben etwas Besonderes zu sein.
Am harmlosesten sind die Gratulationen. Jeder um einen herum gratuliert. Nicht unbedingt, weil sie es wollen. Sondern oft, weil man es zu tun hat. Aber wozu? Dass man damals unter Schmerzen aus dem mütterlichen Unterleib gepresst wurde? Geboren zu werden ist keine Leistung, die man als Gefeierter erbracht hätte. Wenn schon, müsste man der Mutter gratulieren.
Aber Gratulationen sind harmlos. Die lässt man einfach mit einem Minimum an Anstand und ohne emotionale Reaktion über sich hinweg gehen. Wirklich ekelhaft wird es dann, wenn diese belanglose Gratulation zu einem öffentlichen Event hochgehypt wird. Etwa so, wenn in einem Restaurant oder einer Bar die gesamte anwesende Gästeschaft über den besonderen Tag der einen Person informiert wird, der ganze Laden lauthals «Happy Birthday» brüllt und darüber hinaus auch noch der Gastwirt zur Herrichtung eines improvisierten Geburtstagsküchleins genötigt wird. Alles nur deshalb, weil die gefeierte Person diesen Tag gefälligst so zu begehen hat, wie es die allgemeine gesellschaftliche Konvention vorschreibt.
Lustigerweise spielt es bei solchen Aktionen überhaupt genau gar keine Rolle, ob das sogenannte Geburtstagskind eine Feierlichkeit in dieser Art wünscht oder gar darum bittet, es zu lassen. Nein. Es hat zu sein, wie es sein muss. Wenn man Geburtstag hat, ist es gemeinhin akzeptiert, in aller Öffentlichkeit und vor den Augen von Fremden in eine peinliche und unangenehme Situation gezwungen zu werden, aus der man sich, ausgenommen durch Flucht vielleicht, nicht entziehen kann. Wenn man Geburtstag hat, verliert man für diesen einen Moment sämtliche Grundrechte.
Lasst es! Akzeptiert, dass es verdammt noch mal Menschen gibt, die nicht dieselbe euphorische Glückseligkeit für ein belangloses Datum empfinden, wie ihr. Akzeptiert, dass es Menschen gibt, die nicht für etwas gefeiert werden wollen, für was sie nichts getan haben oder etwas dafür können. Akzeptiert, dass es Menschen gibt, denen Dinge unangenehm sind, die ihr wahnwitzig toll findet. Akzeptiert deren ganz persönliche Haltung zu diesem ganz persönlichen Thema. Akzeptiert, dass es Menschen gibt, die auf jegliches oberflächliches und dem puren Protokoll dienenden Geburtstagscheschiss pfeifen. Lasst es einfach!
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